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von Wolfgang Voigt
1987 ist eine sogenannte Renaturierung des Haarbachtales auf einer Länge von etwa 400 Metern durch den damaligen Wasserverband Obere Wurm ausgeführt worden.
Seinerzeit haben die Naturschutzverbände BUND (Eva Hacker/Ajo Hinzen) und DBV, jetzt NABU (Karl Gluth) die Eingriffe heftig kritisiert. Auch das Ökologiezentrum Aachen wertet 1991 die
wasserbauliche Maßnahme eher negativ.
Der Haarbach hat mehrere Quellen, die in der Nähe von Gut Neuenhof zu finden sind. Man kann annehmen, dass der Haarbach im Laufe der Zeit keine große Verlaufsänderung erfahren hat. Allerdings
muss hier besonders auf die Verrohrung ab der Straße “Haarener Gracht” hingewiesen werden, welche bis kurz vor die Einmündung des Baches in die Wurm reicht.
Die Kahlgrachter Mühle und die Welsche Mühle sind Zeugen dafür, dass in früheren Zeiten hier die Wasserkraft genutzt worden ist.
Zwischen Quellbereich und Einmündung des Rödgerbaches unmittelbar vor der Kläranlage Eilendorf bietet der Bach ein abwechslungsreiches Bild mit naturbelassenen Teilen und Wasser, das auch Fischen
das Überleben ermöglicht. Die Gewässergüte 1 bis 2 ändert sich hinter der Kläranlage drastisch zu 3 bis 4. Noch 1991 dokumentiert das Ökologiezentrum Aachen e.V. in seiner Veröffentlichung “Bäche
erkunden in Aachen” (2. Auflage):
“Die Eilendorfer Kläranlage ist momentan völlig unterdimensioniert, so dass ein Teil des Abwassers fast ungeklärt in den Haarbach geleitet wird. Schaumkronen zieren oftmals noch in Haaren das
Bachwasser. Durch den Ausbau der Kläranlage soll in nächster Zeit Abhilfe geschaffen werden.”
ferner:
“Weiterhin fällt unbedarften Bachwanderern kurz vor der Unterquerung der Autobahn ein großes Betonbauwerk auf, durch das der Haarbach quasi hindurchgezwängt wird. Es handelt sich hierbei nicht
etwa um eine alte Schleuse, die auf ehemalige Schifffahrtszeiten hinweist, sondern um die Staumauer eines Regenrückhaltebeckens. Wie im Falle des Wildbaches wird auch hier bei starken Regenfällen
das Bachwasser aufgestaut, um Hochwasserprobleme in Haaren zu verhindern.”
weiter:
“Im Frühjahr 1987 entbrannte quer durch die Parteien ein Streit um den angeblich ‚naturnahen’ Ausbau des Haarbaches zwischen Autobahnpfeiler und Welscher Mühle. Bei dem Ausbau wurde die
Wasserführung verändert. Dabei wurden einige Mäander durchstoßen. Zudem wurden in den Kurven Steinschüttungen angebracht und somit Nistplätze für einige Vogelarten (z.B. Eisvogel) vernichtet.
Drittens wurden die Steilufer mit Erlen bepflanzt. Alle genannten Ausbaumaßnahmen wurden damit begründet, dass der Weg und der Autobahnpfeiler vor Unterspülung geschützt werden müssten.
Nach Fertigstellung des Ausbaus wurde von allen Fraktionen der Vorwurf laut, der Wasserverband ‚Obere Wurm’ hätte zurückhaltender ausbauen sollen. ... Die gemeinsam von den Fraktionen geforderte
teilweise Rücknahme des Ausbaus wurde unseres Wissens nicht durchgeführt.”
(aus: EXKURSiONEN - eine Veröffentlichungsreihe des NABU Aachen-Land, Nr. 17. Redaktion: Wolfgang Voigt. Alsdorf 1995)
(Internetversion)
Der weitaus größte Teil des Steinbruchs ist noch nicht durch Pflanzen besiedelt. Der nackte Kalkstein dominiert noch. Es gibt aber auch schon gut bewachsene Flächen, auf die sich die weiteren
Ausführungen beziehen.
Nachfolgend sind die Pflanzengesellschaften in der Häufigkeit ihrer momentan vorkommenden Vertreter (Charakterarten) wiedergegeben:
· Klasse 5: Anthropo-zoogene Heiden und Wiesen (ca. 50 %)
· Klasse 3: Krautige Vegetation oft gestörter Plätze (13 %)
· Klasse 1: Süßwasser- und Moor-Vegetation (11 %)
· Klasse 6: Waldnahe Staudenfluren und Gebüsche (11 %)
· Klasse 8: Laubwälder und verwandte Gesellschaften (8 %)
Bereits diese oberflächliche Erfassung ergibt erste Hinweise auf den Besiedlungsverlauf:
Weite Bereiche sind durch Grasland-Pflanzen besiedelt, Arten der Ruderalflora schon etwas zurückgedrängt. Die Gewässer werden erschlossen, und erste Vertreter aus Wald- bzw. waldnahen
Gesellschaften wandern ein, wo Lichtverhältnisse und Substrat zusagen.
Genauere Aussagen lassen sich durch die Betrachtung der Vertreter von systematischen Unterklassen, Ordnungen und Verbänden treffen.
In Klasse 5 sind es vor allem Arten des Kalk-Magerrasens bzw. der Grünlandgesellschaften. Erste sind vorwiegend boden-, zweitere umlandbedingt. Hinzu gesellen sich bereits einige Charakterarten
der “lockeren Sand- und Felsrasen”.
In Klasse 3 dominieren Hackunkraut- und Ruderalgesellschaft-Vertreter. Dies ist aus ökologischen Gründen ebenso erfreulich wie das Vorkommen der Getreideunkraut-Arten, welche in der
Kulturlandschaft kaum noch zusagende Standorte vorfinden, für verschiedene Nahrungsspezialisten innerhalb der Fauna aber existentiell notwendig sind. Die Verschiedenheit des Substrates an
einzelnen Stellen wird durch die Vertreter der Stickstoff-Krautfluren auf der einen und der Quecken-Trockenpioniergesellschaft auf der anderen Seite verdeutlicht.
In Klasse 1 überwiegen Pflanzen der Röhrichte und Seggenrieder; hinzu gesellen sich Arten der Laichkraut-Gesellschaft und der Quellfluren. Hier wird deutlich, dass im Gewässerbereich bereits eine
sukzessive Entwicklung zu charakteristischen Pflanzengürteln erfolgt.
Für die Klassen 6 und 8 entwickeln sich offenbar erst zusagende Standort-Bedingungen. Auf diese Sukzessionserscheinungen wird im folgenden Abschnitt ausführlich eingegangen.
Gehölz-Pioniere und Folge-Arten
Auf den ebenen Flächen und an den Trassen-Böschungen hat bereits die Besiedlung mit Bäumen eingesetzt. Im unmittelbaren Umfeld der Feuchtbereiche sind es in erster Linie Weiden-Arten (Salix
spec., 4 verschiedene Spezies), ansonsten Birken (Betula spec.).
Artenreicher sieht es im westlichen Teil des Bruchs auf den Geröll-Halden am Fuße des Steilhanges und auf den ebenen Flächen aus. Hier stehen einige ältere Exemplare von Schlehdorn (Prunus
spinosa), Pfaffenhütchen (Euonymus europaea), Süß-Kirsche (Prunus avium) und Salweide (Salix caprea). Die Waldrebe (Clematis vitalba) rankt an der Steilwand, bedeckt aber vor allem auch
Steinhalde, Trassen und deren Böschungen flächig. Zwischen diesen Flächentrieben sammelt sich allerlei Anflugmaterial, vor allem auch Humus. Gerade hier kommen schon Sämlinge bereits vorhandener
Sträucher und Bäume bzw. von Gehölzen aus den umliegenden Wäldern vor: Schwarzer Holunder (Sambucus nigra), Gemeine Hasel (Corylus avellana), Weißdorn (Crataegus spec.), Hunds-Rose (Rosa canina),
Stachelbeere (Ribes uva-crispa), Hainbuche (Carpinus betulus), Berg-Ahorn (Acer pseudo-platanus), Eberesche (Sorbus aucuparia), Sommer-Linde (Tilia platyphyllos) und Gemeine Esche (Fraxinus
excelsior).
Die Gebüsch-Inseln auf der Magerrasen-Fläche im südlichen Teil werden hauptsächlich von Hunds-Rose und Schlehe gebildet.
Ebenfalls im Südteil gibt es eine stark verschattete Nische mit hauptsächlich nordexponierten Steilhängen. Hier ist die “Bewaldung” am weitesten fortgeschritten. Neben bereits genannten Gehölzen
sind hier unter den Pionieren: Wald-Kiefer (Pinus sylvestris), Feld-Ahorn (Acer campestre) und Stiel-Eiche (Quercus robur).
Sträucher und Bäume haben überall den Weg bereitet für Gräser und krautige Vertreter aus Laubwäldern und waldnahen Staudenfluren. Zu diesen zählen u.a. Finger-Segge (Carex digitata), Gemeine
Akelei (Aquilegia vulgaris), Gundermann (Glechoma hederacea), Busch-Windröschen (Anemone nemorosa), Ährige Teufelskralle (Phyteuma spicatum), Ruprechtskraut (Geranium robertianum), Wald-Erdbeere
(Fragaria vesca), Raues Veilchen (Viola hirta), Nesselblättrige Glockenblume (Campanula trachelium), Berg-Weidenröschen (Epilobium montanum), Wald-Ziest (Stachys sylvatica), Echtes
Tausendgüldenkraut (Centaurium erythraea), Tüpfel-Johanniskraut (Hypericum perforatum), Dürrwurz (Inula conyza), Dost (Origanum vulgare), Wirbeldost (Calamintha clinopodium) und Schmalblättriges
Weidenröschen (Epilobium angustifolium).
Pflanzen des Kalk-Magerrasens
Vor allem im südlichen Teil beginnt sich auf einer ebenen, durch Abschiebung entstandenen Hochfläche ein Kalk-Magerrasen zu entwickeln.
Unter den Gräsern finden wir hier Fieder-Zwenke (Brachypodium pinnatum), Aufrechte Trespe (Bromus erectus, Frühlings-Segge (Carex caryophyllea) und Pyramiden-Schillergras (Koeleria
pyramidata).
Die Krautschicht enthält u.a. Golddistel (Carlina vulgaris), Skabiosen-Flockenblume (Centaurea scabiosa), Scharfes Berufskraut (Erigeron acer), Kleine Bibernelle (Pimpinella saxifraga),
Frühlings-Fingerkraut (Potentilla tabernaemontani), Wiesen-Schlüsselblume (Primula veris), Knolliger Hahnenfuß (Ranunculus bulbosus), Kleiner Wiesenknopf (Sanguisorba minor),
Taubenkropf-Leimkraut (Silene vulgaris), Geknäuelte Glockenblume (Campanula glomerata), Hopfenklee (Medicago lupulina), Zypressen-Wolfsmilch (Euphorbia cyparissias) und Mittlerer Wegerich
(Plantago media). Zu erwähnen ist, dass diese Bereiche aber auch noch von Vertretern der Grünland-Gesellschaft durchsetzt sind, z.B. von Schafgarbe (Achillea millefolium), Margerite
(Chrysanthemum leucanthemum), Braunelle (Prunella vulgaris), Wiesen-Klee (Trifolium pratense) und vor allem Wiesen.Schaumkraut (Cardamine pratense).
Die Entstehung vergleichbarer Pflanzen-Vergesellschaftung und vor allem die Anreicherung mit hochwertigen Kalkflora-Arten ist auch an anderen Stellen des Steinbruches per Sukzession zu
erwarten.
Sogenannte Unkraut-Vegetation (Ruderalflora)
Im Steinbruch Hahn sind viele Arten vertreten, welche anderswo bekämpft werden, da sie als unbeliebte Konkurrenten der Kulturpflanzen gelten. Die Rede ist von den klassischen “Unkräutern”. Längst
hat man vergessen oder verdrängt, dass man einen Großteil von ihnen als Heilkräuter oder als Stammformen zur Züchtung von Kultursorten genutzt hat. Ihr zunehmendes Verschwinden in der Landschaft
bewirkt den fortschreitenden Artentod bei den Tieren, vor allem bei den Wirbellosen mit.
Diese sogenannten Ruderalpflanzen haben ihren ursprünglichen Wuchsort im Waldlichtungsbereich, an Höhlen, auf Rutschflächen und Felsen oder am Ufer der naturbelassenen Bäche und Flüsse. Kein
Wunder also, dass sie mittlerweile in Sekundärbiotopen bevorzugt auftauchen. Besitzen diese durch menschliche Eingriffe gestörten Plätze doch oft vergleichbare Umwelteigenschaften wie die
überwiegend zerstörten natürlichen.
In der Nachkriegszeit sind solche Gewächse als “Trümmerpflanzen” bekannt geworden. Auch die Gruppenbezeichnung ist wohl so zu erklären: rudus (lat.) = Mörtel, Schutt, Ruine. Vielleicht sind es
unter anderem die negativen Eindrücke aus jener Zeit, welche unterschwellig unsere Vorstellung von geordneter, sauberer, geplanter Natur und damit auch das Bekämpfen jener Pflanzen verursacht
haben...
Die größeren Bestände bilden im Hahner Steinbruch derzeit noch folgende Arten: Natternkopf (Echium vulgare), Weißer Steinklee (Melilotus albus), Echter Steinklee (Melilotus officinalis), Gemeines
Bitterkraut (Picris hieracioides) Färber-Wau (Reseda luteola), Dornige Gänsedistel (Sonchus asper), Gemeines Greiskraut (Senecio vulgaris), Nickende Distel (Carduus nutans), Gemeines Leinkraut
(Linaria vulgaris), Großblütige Königskerze (Verbascum densiflorum) und Gemeines Hirtentäschelkraut (Capsella bursa-pastoris).
Hinzu kommen folgende bestandbildende Arten, welche im weiteren Sinne hier einzuordnen sind: Wilde Möhre (Daucus carota), Rainfarn (Chrysanthemum vulgare), Huflattich (Tussilago farfara),
Duftlose Kamille (Matricaria inodora), Knoblauchsrauke (Alliaria petiolata), Gemeiner Beifuß (Artemisia vulgaris), Kleine Wolfsmilch (Euphorbia exigua) und Flaches Rispengras (Poa
compressa).
Ruderalpflanzen produzieren eine große Anzahl von Samen, die meistens durch den Wind oder durch Tiere (z.B. “Kletten”) verbreitet werden. Dadurch gelangen sie schnell und zahlreich auf offene
Böden und kommen anderen potentiellen, konkurrenzstärkeren Arten zuvor. Oft genug sind sie aber auch Pionierpflanzen und damit erst Wegbereiter für andere Gewächse.
Für unseren Bereich bedeutet dies alles, dass ein Großteil der sich momentan massenhaft entwickelnden Ruderalflora wieder sukzessiv verschwinden wird und sich wohl nur wenige Arten an einigen
Extremstandorten halten werden. Bereits jetzt kann man beobachten, dass die ebenfalls angesiedelten Pflanzen der Acker-Wildkrautfluren von Jahr zu Jahr den Standort wechseln. Dies ist daraus zu
erklären, dass Arten wie Klatsch-Mohn (Papaver rhoeas), Roter Gauchheil (Anagallis arvensis) und Acker- Hundskamille (Anthemis arvensis) offenen Boden (Frostsprengung!) zum Auskeimen benötigen
bzw. unter kulturellen Bedingungen regelmäßig aufgebrochenen Boden, wie dies durch Pflügen, Eggen und Hacken gegeben ist.
Diese Pflanzengruppe wird wohl wegen ihrer Spezialisierung nur kurz im Bruch entsprechende Lebensbedingungen vorfinden. Sie wird daher in absehbarer Zeit entweder wieder völlig fehlen oder sich,
ebenfalls vorübergehend, auf neuentstehenden Geröllflächen ansiedeln.
Pflanzen der Feuchtbereiche
Bei der Biotop-Kartierung sind 1984 folgende Arten erfasst worden: Gemeiner Froschlöffel (Alisma plantago-aquatica), Breitblättriger Rohrkolben (Typha latifolia), Ästiger Igelkolben (Sparganium
erectum) und Gelbe Schwertlilie (Iris pseudacorus).
Inzwischen sind weitere Wasser- und Uferpflanzen hinzugekommen: Wasserstern-Art (Callitriche spec.), Gemeines Hornblatt (Caratophyllum dmersus), Schwimmendes Laichkraut (Potamogeton natans),
Einfacher Igelkolben (Sparganium emersum), Schmalblättriger Rohrkolben (Typha angustifolia), Stein-Simse (Scirpus tabernaemontani), sowie im weiteren Sinne Bachbunge (Veronica beccabunga),
Bitteres Schaumkraut (Cardamine amara), Wilde Sumpfkresse (Rorippa sylvestris) und rosarotes Weidenröschen (Epilobium roseum). Die Feucht-Pioniere Behaarte Segge (Carex hirta) und Graugrüne Binse
(Juncus inflexus) besiedeln gelegentlich überflutete Bereiche. Glanzfrüchtige Binse (Juncus articulatus) und Flatter-Binse (Juncus effusus) erfüllen eine vergleichbare Aufgabe.
Auch in diesem Teil des Steinbruchs ist die Entwicklung keineswegs abgeschlossen.
(aus: Wolfgang Voigt, Stillgelegter Kalksteinbruch in Hahn - Beispiel für einen Lebensraum aus zweiter Hand. Manuskript für den Geschichtsverein Hahn-Friesenrath e.V. Alsdorf, August 1987)