Gemeinsame Stellungnahme nach § 29 BNatSchG zum Rekultivierungsplan der Zentraldeponie des Kreises Aachen bei Alsdorf-Warden (BUND/DBV)

- Ihr Zeichen (Landesoberbergamt): 55.15 - 2 - B -
- Zeichen des Kreises Aachen: A 70.2/9355/12 Fr/re
- Zeichen des Landesbüros Naturschutz: AC 12-11.86 DEP.

Alsdorf, 27.12.1986

Sehr geehrte Damen und Herren!

Der zur Genehmigung anstehende Rekultivierungsplan ist abzulehnen, weil offensichtlich keine Renaturierung des Deponiegeländes angestrebt wird, sondern leider die Rekultivierung mit dem Ziel der Nutzung durch Landwirtschaft!
Nach Durchsicht der uns vorliegenden Planungsunterlagen ist zudem festzustellen, dass - entgegen anderslautender Behauptungen - die Belange des Landschafts-, Natur- und Artenschutzes so gut wie unberücksichtigt bleiben. Sogar der sogenannte Randbiotop hat lediglich Alibifunktion, da auch er von der Planung her nicht nach ökologischen Gesichtspunkten entworfen wurde (fehlende Uferlinienstrukturierung, 240 m lange Verrohrung des Grabens an der Westseite, etc.).
Es ist abzulehnen, dass die Rekultivierung “gemäß den ... eingereichten Antragsunterlagen” - lediglich aus Zeitgründen - genehmigt werden soll.
Begründung:

Die im Falle eines Kaufes durch den Kreis geplante “ökologisch sinnvolle Nutzung” erfordert bereits (u.a.) eine andere Reliefgestaltung und Bodenzusammensetzung als für eine landwirtschaftliche Nutzung.
Würden die Planungen von vorneherein auf eine derartige Nutzung des Deponiegeländes hin abgestimmt (statt Landwirtschaftsflächen), so ließen sich auch mit Leichtigkeit Millionen an Kosten einsparen!
Mit Nachdruck unterstützen wir die Auffassung, dass die hier vorgesehene Nutzung der ehemaligen Deponieflächen zu landwirtschaftlichen Zwecken mehr als problematisch ist. Diesbezügliche Negativerfahrungen mit früheren Deponiegeländen müssten spätere Nutzungen durch die Landwirtschaft selbstverständlich von vorneherein ausschließen.
Selbst bei einer geordneten Mülldeponie wie dieser fallen täglich unkontrolliert bedenkliche Mengen an Gift- und Schadstoffen aus Privathaushalten, Industrie und Gewerbe an. Die Probleme der Methangasentwicklung sind auch Ihnen gegenwärtig...
Bekanntlich wurden in der Kreismülldeponie Alsdorf-Warden auch große Mengen Schlacken aus der Bleihütte “Berzelius”, Stolberg, eingebracht. Bis vor ungefähr dreißig Jahren verkippte das RWE Eschweiler-Weisweiler enorme Mengen Kraftwerksasche in das damalige Restloch des Braunkohlen- Tagebaus “Zukunft-West”, das jetzt als Zentralmülldeponie des Kreises Aachen genutzt wird. Bis heute wächst auf diesen belasteten Schlackenbergen kein Grashalm, keine Blume, weder Baum noch Strauch. Warum wohl?
Welchen Sinn haben eigentlich Maßnahmen der Bundesregierung, landwirtschaftliche Flächen aufgrund zwingender Gründe aus der Bewirtschaftung herauszunehmen und ökologischen Zwecken zuzuführen, wenn hier eine fragwürdige Fläche für die Landwirtschaft neu hergerichtet werden soll?
Im Gegenteil:

Statt das Umwandlungsprogramm von Ackerflächen zu realisieren, wird offensichtlich wohl der letzte landwirtschaftlich “nutzbare” Quadratmeter bewirtschaftet. In diesem Falle geht dies soweit, dass sogar die Sohle des geplanten, 4.000 cbm fassenden Regenrückhaltebeckens als Viehweide (!) herhalten soll, anstatt Gedanken über deren ökologische Nutzung anzustellen!
In diesem Zusammenhang empfehlen wir bereits jetzt, auf vorerwähntes Regenrückhaltebecken zu verzichten.
Stattdessen sollte dort besser eine umfassende Renaturierung in Form einer großflächigen Retentionszone als Erlenbruchwald entstehen (westlich der Deponie, zwischen Merzbach und dem Damm der L 240 n, und zwar bis zur Brücke an der Straße “Am Alten Gericht”, Alsdorf-Warden).
So würde auch hier eine große Chance pro Natur genutzt und nicht zuletzt der Stadtteil Warden vor den fast alljährlichen Hochwassern des Merzbaches mitentscheidend geschützt.
Der dabei anfallende Erdaushub dieser Retentionszone im Volumen von etwa 30.000 cbm könnte sogleich unter erheblicher Kosteneinsparung für die Renaturierung der Kreismülldeponie verwendet werden.
Weitergehende konstruktive Vorschläge bringen wir erst in das in Aussicht gestellte Planverfahren zur ökologisch sinnvollen Renaturierung (statt Rekultivierung für die Landwirtschaft) ein!
Ungeachtet dessen werden wir zwischenzeitlich unsere diesbezüglichen Vorstellungen, Anregungen und Wünsche in Ruhe mit der Unteren Landschaftsbehörde des Kreises Aachen besprechen.

Mit freundlichen Grüßen

Deutscher Bund für Vogelschutz e.V., Verband für Natur- und Umweltschutz,
Kreisgruppe Aachen, i.A. Wolfgang Voigt
Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V. (BUND)
Kreisgruppe Aachen, i.A. Helmut Meurer