Stellungnahme des NABU Aachen-Land zum Bahndammdurchbruch im Broichbachtal Alsdorf

 

 

An den
Kreis Aachen, Der Landrat
-A 70- Umweltamt, Untere Wasserbehörde
Zollernstraße 10

52070 Aachen

Alsdorf, 27. Februar 2004

Erteilung einer wasserrechtlichen Genehmigung nach § 31 WHG, Renaturierung Broichbach
Bezug : Scoping Termin vom 10.02.2004
Ihr Zeichen: 70.1.0/4031/01-5988
Unser Zeichen: SD13/02/03



Sehr geehrte Damen und Herren,
sehr geehrter Herr Drießen,

zu der uns am 10.02.2004 von Ihnen vorgestellten Planung zur Beseitigung des Broichbachdurchlasses unter den Bahndamm baten Sie um unsere Stellungnahme.
Der in diesem Zusammenhang auf uns ausgeübte Zeitdruck ist für uns in sofern nicht nachvollziehbar, als der Zustand des Durchlassbauwerkes nicht erst seit dem letzten Jahr bekannt ist. Vielmehr muss dieser Zustand und die damit verbundenen Gefahren der Unteren Wasserbehörde schon seit vielen Jahren von den jährlichen Gewässerschauen bekannt sein, an denen auch regelmäßig Vertreter des Wasserverbandes teilnahmen, nicht zuletzt aber auch im Rahmen der eingehenden Betrachtung der Örtlichkeit zur Erstellung des Entwicklungskonzeptes für den Broichbach, in dem sich letztendlich für die Öffnung des Bahndammes ausgesprochen wurde.

Unsere Erwartungen im Hinblick auf die Darstellung unterschiedlicher Varianten zur Behebung der Hochwassergefahr durch den möglicherweise einbrechenden Durchlass wurden nicht erfüllt. Es wurden uns insgesamt drei Möglichkeiten aufgezeigt, von denen die Varianten eins und zwei von vorn herein als nicht durchführbar abgetan wurden. Die Aussagen stützten sich im wesentlichen auf Mutmaßungen und Annahmen, nicht aber auf fundierten Untersuchungen. Auch wurden, wie in der Diskussion von uns bereits angemerkt, von Ihrer Seite nur Argumente angeführt, die Undurchführbarkeit belegen.

So wurde die Durchpressung des Bahndammes unter Hinweis auf den kaum durchführbaren Transport der Rohre zur Baustelle und der schwer realisierbaren Pressgrube im Auwaldbereich verworfen. Die in der Praxis häufig angewandte Möglichkeit, die Betonrohre vor Ort herzustellen oder die Verlegung der Pressstrecke außerhalb des Sumpfes wurde nicht einmal in Erwägung gezogen, obwohl nach Ihrer Darstellung eine Durchpressung des Bahndammes nicht teurer als der von Ihnen favorisierte Einschnitt des Bahndammes ist. Im übrigen hat der Rechtsvorgänger des Wasserverbandes Eifel Rur, der Wasserband Obere Wurm, seinerzeit beim Bau des Hochwasserrückhaltebeckens Euchen die Durchpressung des Bahndammes, einige hundert Meter weiter, schon praktiziert. Für den Fall, dass seitens des Kreises Aachen unter Berücksichtigung aller Belange und schlüssig nachgewiesen wird, dass die beiden Alternativen zum Dammeinschnitt undurchführbar sind, könnte der NABU einem Dammeinschnitt zustimmen.

Auch die Tatsache, dass der Eigentümer der Kranentalsmühle sich vehement gegen die Inanspruchnahme seines Grundstückes wehrt, kann bei der hier apostrophierten Gefahr und Dringlichkeit kein wirklicher Grund sein. Auf diesen Standpunkt könnten wir uns übrigens auch stellen und den Eingriff auf unserer Sumpffläche ablehnen. Zu keiner der drei Varianten wurde eine differenzierte Aussage zur ökologischen Auswirkung getroffen. Ansatzweise wurde eine Verbesserung des Talklimas durch den Einschnitt im Bahndamm prognostiziert. Eine Verbesserung des Klimas durch diesen Einschnitt besagt aber im Umkehrschluss, dass es zur Zeit schlecht ist, was durch nichts belegt ist. Statt dessen wird die Variante gewählt, die den größten Eingriff darstellt, aber wahrscheinlich den größten Zuschuss erhält.
Im August 2003 hatten wir Herrn Steinberg von der LÖBF um Stellungnahme zur Durchgängigkeit des vorhandenen bzw. eines neu zu erstellenden Durchlasses für Wanderfische gebeten. Auf die von Herrn Steinberg angeregte weitere Untersuchung zur Durchgängigkeit des Broichbaches für Wanderfische wurde in der Planung nicht weiter eingegangen, obwohl die Durchwanderbarkeit nicht ausgeschlossen wurde.
Bei der Auswahl der Möglichkeiten wurde sich an dem Diktat des Zuschussgebers orientiert, für den nur der Dammeinschnitt infrage kommt. Dies wurde vom Vertreter des StUA- Aachen, Herrn Jacobs, unmissverständlich dargelegt. Dabei wird eine Variante gewählt, die mit einer Eingriffsfläche von ca. 5 Hektar den größten möglichen Eingriff in die Natur- und Landschaftsschutzgebiete darstellt. An der zur Verkippung des Aushubmaterials gewählten Stelle wird ein Pappelwald der Stadt Alsdorf von mehr als einem Hektar abgeholzt. Vor dem Hintergrund, dass die Stadt Alsdorf momentan bemüht ist, Ersatz für die Pappeln der zerstörten Saatkrähenkolonie bei Neuweiler zu schaffen, erscheint das Abholzen hier kontraproduktiv. Deswegen fordern wir eine Ersatzpflanzung.
Auf die Gefahr der Wiederholung betonen wir an dieser Stelle noch einmal, dass wir uns nicht gegen einen Dammeinschnitt oder für eine Durchpressung aussprechen. Wir sind stattdessen bemüht, eine ausgewogene Lösung zu finden, die sowohl den gewässerökologischen als auch ökologischen Belangen des Bahndammes, der nicht weniger als ein Naturschutzgebiet ist, Rechnung tragen. Dazu hätte es einer ausgewogeneren und sensibleren Betrachtung der Möglichkeiten in der Planung bedurft. Auch den äußerst großzügig angelegten Dammeinschnitt zählen wir dazu. Hier fordern wir eine Böschungsneigung, die sich an den vorhandenen Böschungen des Bahndammes orientiert. Diese Neigung hat sich entgegen der Darstellung des planenden Büros in mehr als einhundert Jahren als stabil herausgestellt. Hier fuhren über viele Jahrzehnte schwere Personen- und Güterzüge, ohne dass es zu Hangrutschungen kam. Es ist nicht nachvollziehbar, wieso es nun beim Anschneiden des Dammes mit den gleichen Böschungswinkeln zu Rutschungen kommen soll, zumal der Dammkörper inzwischen kräftig durchwurzelt ist. Nicht zuletzt entstehen durch einen kleineren Einschnitt auch geringere Kosten, geringere Zerstörung des Naturschutzgebietes Bahndamm (Linienbiotop mit Vernetzungsfunktion) und eine geringere Verkippungsfläche.
Positiv nehmen wir Ihre Bemühungen auf, den vorhandenen Durchlass bei einer möglichen Einkerbung des Bahndammes weiterhin als Fledermausquartier und als einzigen Standort für den Hirschzungenfarn im Broichbachtal zu erhalten. Wir bitten darum, auch den östlichen Durchlass als Fledermaustunnel zu erhalten (Betonrohr, DN 300). Dass bei einem möglichen Dammeinschnitt alle erdenklichen Maßnahmen zur ökologischen Revitalisierung und zum Schutz vor unbefugtem Betreten dieses Bereiches getroffen werden, wurde durch den Vertreter der Unteren Landschaftsbehörde, Herrn Thorwesten, überzeugend dargelegt. Wir gehen davon aus, dass ein bachbegleitender Weg - welcher Art und zu welchem Zweck auch immer - vom Tisch ist. Wie bereits mehrfach dargelegt, wäre andernfalls eine Zustimmung durch den NABU von vornherein unmöglich.
Unter den zuvor genannten Bedingungen, dass die Undurchführbarkeit der beiden Alternativen schlüssig nachgewiesen wird, dass der Dammeinschnitt so gering wie möglich gehalten wird und der Dammeinschnitt nicht mit einer, wie auch immer gearteten, neuen Wegeführung in diesem Bereich verbunden ist, könnten wir einem Dammeinschnitt zustimmen.

Mit freundlichem Gruß

Karl Gluth 1. Vorsitzender

Dr. Eike Lange 2. Vorsitzender

 

 

 

Bildergalerie "Bahndammdurchbruch in Alt-Ofden"

alle Fotos: Wolfgang Voigt

Die Bilder dokumentieren unter anderem Folgendes:

 

Ziel der Maßnahme war es, den Broichbach im Bereich des Bahndammes offen zu legen (u.a. um zweifelhafte Fischwanderungen zu ermöglichen). Das Fließgewässer ist zwar oberhalb teilweise renaturiert, unterhalb aber über weite Strecken kanalisiert und verrohrt.

 

Nebeneffekt: Der intakte und in der umgebenden Agrarlandschaft wichtige Linienbiotop "Alter Bahndamm" (Naturschutzgebiet!) wird unterbrochen und damit in seiner ökologischen Wertigkeit extrem herabgesetzt.