In den deutschen Mittelgebirgen erlebt der Klettersport seit den 80er Jahren einen regelrechten Boom. In Nordrhein-Westfalen sind es ursprünglich wenige Alpinisten gewesen, die im Sauerland, im
Teutoburger Wald und vor allem in der Eifel die offenen Felsbildungen als Übungsgelände genutzt haben. Seit Entwicklung des Sportkletterns zum Breitensport nimmt der Druck auf die sensible Fauna
und Flora der Felsenlandschaften zu und wird zu einer nicht zu unterschätzenden Belastung.
Die Felsen der Mittelgebirge gehören in Deutschland zu den letzten intakten Inseln mitteleuropäischer Urlandschaft. Sie befinden sich deswegen in einem vergleichsweise natürlichen Zustand, weil
sie schwer zugänglich und für land- und forstwirtschaftliche Nutzung ungeeignet sind. Hier konnten hochspezialisierte Pflanzen und Tiere überleben, denen anderswo die Lebensgrundlagen entzogen
wurden. Die Flora ist aber auch aus Arten zusammengesetzt, die aus den verschiedensten Gegenden Europas stammen. So findet man an den südexponierten Wänden, die starker Sonneneinstrahlung
ausgesetzt sind, in klaren Nächten aber die Wärme ungehindert abstrahlen, vor allem Vertreter aus den östlichen Steppengebieten. Hierbei spielt auch das geringe und vor allem schwankende
Wasserangebot eine Rolle. Diese Steppenflora ist ein Relikt aus der nacheiszeitlichen Wärmeperiode. Wo Gebüsche die Temperaturgegensätze mildern, haben sich Arten der mediterranen Flora
angesiedelt. Die nach Norden ausgerichteten Felspartien liegen überwiegend im Schatten und weisen demzufolge ein ganz anderes Mikroklima auf. Es gibt hier keine extremen Unterschiede zwischen den
Tag- und Nachttemperaturen. Verdunstende Feuchtigkeit hat einen Kühleffekt auf den Fels und vor allem die Luft. Diese sinkt über die Wand zur Gesteinshalde hinunter und sammelt sich dort in den
Zwischenräumen des Materials. Insgesamt entsteht ein Kleinklima, das Bedingungen aufweist, die sonst nur in nordischen oder alpinen Regionen herrschen. Es ist daher nicht verwunderlich, dass sich
hier viele Pflanzenarten als Eiszeitrelikte gehalten haben.
Alleine diese wenigen Ausführungen zeigen, wie einzigartig, aber auch selten diese Pflanzenvorkommen in unserer heimischen Flora sind. Dabei ist noch nicht einmal berücksichtigt, das die Felsen
außerdem Lebensraum für eine Vielzahl seltenster Flechten, Moose, Farne und Gräser sind. Im Rurtal hat man sogar Moosarten nachgewiesen, die als Neufunde für das Rheinland gelten. Möchte man in
solchen Gebieten klettern, so sollte man sich daher der besonderen Verantwortung gegenüber der Natur bewusst sein. Verschiedene Kletter- und Naturschutzverbände bemühen sich schon lange um
Strategien für naturschonendes Klettern. Beim Klettern sollte man sich an die Maßnahmen halten, die entwickelt wurden um dem Menschen den Genuss der Natur zu ermöglichen, ohne diese über Gebühr
zu strapazieren.
Bereits beim Zustieg zu den Felsen gilt: Vorsicht! Der Weg zu den Einstiegen geht unterhalb der Felsen häufig in steile Geröllhalden oder sandige Flächen über. Dies sind trittempfindliche Biotope
mit flachgründigen Böden. Wer die hier heimischen Pflanzen, wie Hirschzunge oder Ruprechtsfarn nicht gefährden will, wird sich an die ausgewiesenen Zustiegspfade halten. Diese sind so angelegt,
dass die Einstiege zu den Kletterwegen auf schmalen, wenn nötig mit ”Pfeil” markierten Wegen erfolgen. Somit kommt es zu keiner flächigen Trittbelastung; die Biotope im Zustiegsbereich werden
nicht nennenswert geschädigt. Dies ist auch für den Schutz der Mauereidechse wichtig, die an den Rurfelsen ihr nördlichstes Vorkommen hat; sie benötigt zur Eiablage speziell den
Verwitterungsgrus, der sich an den Wandfüßen und auf den Felsköpfen bildet.
Die Felsenwand selbst stellt ein großes Biotop dar. Dieses setzt sich aus einem Puzzle von Teilbiotopen zusammen: Wenige Meter neben einem steilen, unbewachsenen Wandbereich finden wir auf einer
besonnten Felsterrasse mit ausreichender Erdauflage ein wahres Pflanzenparadies. Während das Klettern in den unbewachsenen Abschnitten ökologisch völlig unbedenklich ist, müssen bewachsene Zonen
mit seltenen Pflanzen oft geschützt werden und sollten daher nicht beklettert werden. Im Bereich der Felsenwände brüten außerdem viele Vögel, darunter Uhu und Wanderfalke. Solche Felsen werden
als Horstschutzzonen ausgewiesen und zeitlich befristet gesperrt. Die vor Ort angebrachten Schilder sollten auf jeden Fall beachtet werden. Daneben gibt es auch ständig gesperrte Felszonen, in
denen das Beklettern den Bestand einer Art gefährden würde. Gesperrter und offener Felsbereich werden mit bundesweit einheitlichen Symbolen ”Kreuz”, beziehungsweise ”Pfeil” gekennzeichnet.
Auf dem Gipfel von Kalk- und Granitfelsen gedeiht meist eine wertvolle Vegetation. Um diese nicht zu schädigen, sind unterhalb des Felskopfes Umlenkhaken angebracht worden. Der Abstieg erfolgt
dann durch Abseilen oder Ablassen. Der Aufstieg auf einen Felsenkopf sollte eigentlich für den Sportkletterer uninteressant sein, da keine klettertechnischen Schwierigkeiten zu bewältigen sind.
Dagegen sind die Gipfel der meisten Sandsteinfelsen kaum bewachsen; hier könnte das Erreichen des Gipfels zum Klettererlebnis dazugehören.
BUND, LNU und NABU haben zusammen mit dem Naturschutzzentrum NRW folgende Verhaltensregeln für den Klettersport in Mittelgebirgen herausgegeben: